Umgang mit Gefühlen - Die Kraft der Bewusstheit

"Das ist also das Kriterium für mich: Wenn sich etwas durch eure Bewusstheit vertieft, ist es etwas Gutes. Wenn etwas durch Bewusstheit verschwindet, ist es etwas Böses." - Osho

Diese Aussage des spirituellen Lehrers Osho bietet uns einen gesunden Weg für den Umgang mit unseren Gefühlen und Emotionen. In meiner Arbeit und im eigenen Leben erlebe ich täglich, wie kraftvoll dieser Grundsatz wirken kann.

Was bedeutet bewusster Umgang mit Gefühlen und wie transformieren sie sich?

Im Tantra genauso wie in der Gestalttherapie gilt der Grundsatz, dass alles sein darf. Diese ganzheitliche Herangehensweise erkennt an, dass jedes Gefühl seine Berechtigung und seinen Sinn hat. Durch Achtsamkeit und Akzeptanz schaffen wir einen sicheren Raum, in dem sich alle Aspekte deines Seins zeigen und heilen dürfen.

Bewusstheit bedeutet, deine Gefühle vollständig zu erleben, ohne sie wegzudrücken, zu bewerten oder zu unterdrücken. Wenn du ein Gefühl mit voller Aufmerksamkeit wahrnimmst - sei es Wut, Trauer, Angst oder Freude - geschieht etwas Bemerkenswertes: Das Gefühl kann fließen und sich auf natürliche Weise transformieren.

Schwere Emotionen wie Wut, Trauer oder Angst haben oft eine wichtige Botschaft für dich. Wenn du ihnen mit Bewusstheit begegnest, anstatt sie zu verdrängen, kann sich Wut in klare Grenzen und gesunde Durchsetzungskraft verwandeln, Trauer ermöglicht echte Heilung und Loslassen, Angst zeigt dir, was dir wirklich wichtig ist und kann zu Mut werden, und Scham kann zu Selbstakzeptanz und Authentizität führen.

Schöne Gefühle wie Liebe, Freude oder Dankbarkeit vertiefen sich durch bewusste Wahrnehmung. Sie werden intensiver, nachhaltiger und können dein Leben grundlegend bereichern. Statt sie oberflächlich zu konsumieren, lernst du, in ihnen zu baden und sie voll auszukosten. Was geschieht, wenn du dich in einem Moment der Freude nicht auf das Ereignis im Außen sondern auf dich selbst konzentrierst? Auf dein eigenes Erleben, deinen Körper, dein Gefühl statt auf das, was die Freude auslöst?

Übung für den Alltag
Wenn ein starkes Gefühl auftaucht, halte kurz inne und nimm wahr. Schliesse wenn möglich die Augen und bleibe ganz beim Gefühl, das ausgelöst wurde. Spüre, wo du das Gefühl in deinem Körper wahrnimmst. Wie fühlt es sich an? Beobachte auch deinen Atem und vertiefe ihn, wenn das angenehm ist. Verändert sich das Gefühl? Was kommt danach? Und danach? Bleibe solange dabei, wie du möchtest.

Ein wichtiges Missverständnis aufklären - warum Fließenlassen befreit

Bewusste Gefühlsarbeit bedeutet nicht, sich in schweren Gefühlen zu suhlen oder möglichst viel auszuhalten. Das wäre das genaue Gegenteil von dem, was heilsam ist. Es geht vielmehr darum, der natürlichen Energie der Gefühle zu erlauben zu fließen, sodass sie sich verwandeln und auflösen können.

Gegen Gefühle anzukämpfen, sie zu unterdrücken oder "wegzumachen" kostet enorm viel Kraft. Paradoxerweise werden dadurch die unerwünschten Gefühle oft noch stärker und hartnäckiger. Es ist wie bei einem Staudamm: Der Druck baut sich auf, bis er sich einen Weg bahnt - oft in Form von körperlichen Symptomen wie Verspannungen, Kopfschmerzen oder Erschöpfung, emotionalen Ausbrüchen zu ungünstigen Zeiten, chronischen Anspannungszuständen, Stress und Genervtheit, Beziehungsproblemen und ganz viel mehr.

Wenn du lernst, Gefühle bewusst zu durchleben, ohne sie festzuhalten oder wegzudrängen, geschieht oft binnen Minuten eine natürliche Veränderung. Die Energie kann fließen, sich entladen und in eine neue Form übergehen. Dieser Prozess spart nicht nur Kraft, sondern führt zu echter Befreiung.

Heilung durch bewusste Gefühlsarbeit

In der therapeutischen Arbeit erlebe ich immer wieder, wie Menschen durch bewusste Gefühlsarbeit tiefgreifende Heilung erfahren. Traumata können integriert, alte Muster können aufgelöst und neue, gesunde Beziehungen zu sich selbst und anderen können entstehen. Einen geschützten Rahmen zu bieten, in dem du deinen Gefühlen mit Bewusstheit begegnen kannst, ist immer Teil meiner Arbeit.

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