Spürst du dich?
Wie viel Platz hast du in deinem Leben? Bemerkst du in deinem Alltag, wie es dir geht? Was du gerade bräuchtest? Wenn du Schmerzen hast, weil du dich verspannst?
Im Alltag kann es so schnell passieren, dass das "Ich selbst" gar nicht mehr richtig präsent ist. Vom einen Ort zum nächsten, von diesem To-do zum anderen. Dann noch kurz Freunde und Familie treffen, Beziehungen sollen ja gepflegt werden. Social Media checken, E-Mails beantworten, Haushalt machen. Doch wie sehr nimmst du dich dabei selbst mit? Bist du im Kontakt mit dir? Oder läufst du neben dir her, wie auf Autopilot?
Achtsamkeit ist voll im Trend, was ich auch wunderbar finde. Doch es muss kein Retreat, regelmässiges Meditieren oder ein neuer Workshop sein, um Achtsamkeit wirklich zu leben. Klar, diese Dinge sind wunderbar, doch sollen sie kein Muss sein. Denn hier und jetzt zu sein, zu spüren, was in einem vorgeht, kann so viel einfacher und kleiner sein.
Ein bewusster Atemzug von der Nasenspitze bis in den Bauch und zurück, bevor du die Kollegin triffst.
Ein kurzes Hineinhorchen in den eigenen Körper und wahrnehmen, wie du gerade sitzt oder stehst.
Ein Spüren der Füsse auf dem Boden, beim Gehen von einem Ort zum anderen.
Ein Wahrnehmen der Luft auf der Haut.
Ein sich fragen: "Wie geht es mir gerade?", während du auf der Toilette sitzt.
Ich denke nicht, dass es die grossen Dinge sind, die unser Leben langfristig verändern. Selbst die tiefste Erleuchtung nach einem Meditations-Retreat bringt uns wahrscheinlich nicht viel näher an uns selbst und in die Welt um uns, wenn wir sie nicht in unser Leben integrieren können. Es sind die kleinen Momente der Präsenz, die sich wie ein roter Faden durch unseren Tag ziehen. Die uns immer wieder zu uns selbst zurückbringen.
Achtsamkeit ist für mich keine Praktik, die es zu tun gilt. Vielmehr ist sie für mich eine Art, unser Leben zu leben – von den schönen über die weniger schönen Seiten. Denn beide werden, achtsam gelebt, tiefer. Die Freude wird intensiver, wenn wir sie wirklich spüren. Und auch der Schmerz wird erträglicher, wenn wir lernen, ihn anzunehmen, anstatt vor ihm wegzulaufen.
Vielleicht ist Achtsamkeit am Ende nichts anderes als eine liebevolle Art, mit sich selbst umzugehen. Ein sanftes Zurückkommen zu dem, was gerade da ist. Ohne Bewertung, ohne den Druck, dass es anders sein müsste. Einfach da sein. Mit allem, was gerade da ist.
Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir achtsam unser ganzes Leben so viel farbiger machen können!